Warum variable Entlohnungssysteme gekoppelt an individuelle Ziele nicht förderlich für ein Unternehmen sind
In vielen Unternehmen wird variable Entlohnung als Mittel eingesetzt, um Mitarbeiter zu motivieren und die Leistung zu steigern. Dabei werden individuelle Ziele festgelegt, die bei Erreichung mit einer finanziellen Belohnung verknüpft sind. Obwohl dies auf den ersten Blick sinnvoll erscheint, gibt es wissenschaftliche Argumente, die gegen diese Praxis sprechen und darauf hinweisen, dass sie langfristig nicht förderlich für das Unternehmen sein kann. Ein wesentlicher Aspekt ist die lokale Optimierung, die aus Gesamtsicht vermieden werden sollte, sowie die problematische extrinsische Motivation.
Lokale Optimierung und mangelnde Kooperation
Variable Entlohnungssysteme, die an individuelle Ziele geknüpft sind, führen dazu, dass Mitarbeiter ihre Bemühungen und Ressourcen darauf konzentrieren, ihre persönlichen Ziele zu erreichen, ohne die Auswirkungen auf andere Abteilungen oder das Gesamtunternehmen zu berücksichtigen. Diese Vorgehensweise kann zu einem Silo-Effekt führen, bei dem verschiedene Abteilungen oder Teams isoliert voneinander agieren und sich nicht aktiv austauschen oder zusammenarbeiten. Wenn jeder Mitarbeiter oder jede Abteilung nur ihre eigenen Ziele im Auge hat, kann dies die Gesamtleistung des Unternehmens beeinträchtigen, da es zu Konflikten, Ressourcenverschwendung und ineffizienten Prozessen kommen kann.
Ein Beispiel dafür wäre ein Vertriebsteam, das individuelle Verkaufsziele hat, ohne die Auswirkungen auf die Produktentwicklung und die Kundenzufriedenheit zu berücksichtigen. Dies könnte dazu führen, dass das Vertriebsteam aggressive Verkaufsziele verfolgt, auch wenn die Produkte noch nicht ausgereift sind oder nicht den Bedürfnissen der Kunden entsprechen. Dies könnte langfristig zu unzufriedenen Kunden und einem Rufschaden für das Unternehmen führen.
Suboptimale Entscheidungsfindung:
In einem Entlohnungssystem, das individuelle Ziele betont, könnten Mitarbeiter versucht sein, Entscheidungen zu treffen, die ihre persönliche Leistung maximieren, auch wenn diese Entscheidungen nicht im besten Interesse des Unternehmens liegen. Diese Art der Entscheidungsfindung wird oft als “gaming the system” bezeichnet. Mitarbeiter könnten sich beispielsweise auf die Aufgaben konzentrieren, die leicht zu erfüllen sind und ihnen die höchste Belohnung bringen, anstatt an langfristigen strategischen Zielen zu arbeiten, die möglicherweise weniger direkte Vorteile bieten.
Ein weiteres Problem ist, dass variable Entlohnungssysteme kurzfristiges Denken begünstigen können. Mitarbeiter könnten sich auf kurzfristige Gewinne fokussieren, anstatt langfristige Investitionen zu tätigen, die für das Unternehmen nachhaltig wären. Diese Art der Entscheidungsfindung kann langfristig zu ineffizienten Geschäftspraktiken und einem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit führen.
Beeinträchtigung der intrinsischen Motivation
Variable Entlohnungssysteme, die auf extrinsischer Motivation basieren (z. B. finanzielle Belohnungen), können die intrinsische Motivation der Mitarbeiter untergraben. Intrinsische Motivation entsteht aus dem Bedürfnis der Mitarbeiter, ihre Fähigkeiten zu nutzen, neue Herausforderungen anzunehmen und eine sinnvolle Arbeit zu leisten. Wenn jedoch die Hauptmotivation darin besteht, eine externe Belohnung zu erhalten, kann dies dazu führen, dass die intrinsische Motivation abnimmt.
Studien haben gezeigt, dass extrinsische Belohnungen das Interesse der Mitarbeiter an einer Aufgabe verringern können, wenn die Belohnung nicht mehr verfügbar ist. Das bedeutet, dass Mitarbeiter, die primär auf finanzielle Anreize ausgerichtet sind, möglicherweise weniger engagiert und weniger bereit sind, sich für ihre Arbeit einzusetzen, sobald die Belohnung wegfällt.
Kreativitäts- und Innovationsmangel
Ein Entlohnungssystem, das an individuelle Ziele geknüpft ist, könnte Mitarbeiter dazu ermutigen, sich auf konkrete, leicht messbare Ziele zu konzentrieren, anstatt sich auf kreative Lösungen und innovative Ideen zu konzentrieren. Kreativität und Innovation erfordern oft eine offene Denkweise, Risikobereitschaft und die Bereitschaft, neue Ideen auszuprobieren.
Wenn Mitarbeiter jedoch ihre Entlohnung mit dem Erreichen bestimmter Ziele verbinden, könnten sie zögern, innovative Ansätze zu verfolgen, die möglicherweise nicht sofortige Ergebnisse liefern oder mit den vorgegebenen Zielen in Konflikt stehen. Dies kann die Innovationskraft des Unternehmens einschränken und es daran hindern, sich den sich ändernden Marktbedingungen anzupassen und neue Chancen zu nutzen.
Fokus auf kurzfristigen Erfolg
Variable Entlohnungssysteme können dazu führen, dass Mitarbeiter ihre Anstrengungen auf kurzfristige Ziele richten, um ihre Belohnung zu maximieren. Dies könnte dazu führen, dass langfristige strategische Ziele vernachlässigt werden, die für das nachhaltige Wachstum und die Stabilität des Unternehmens von entscheidender Bedeutung sind.
Ein Unternehmen, das sich ausschließlich auf kurzfristige Gewinne konzentriert, könnte dabei langfristige Investitionen in Forschung und Entwicklung, Mitarbeiterentwicklung oder den Aufbau einer starken Unternehmenskultur vernachlässigen. Dies kann langfristig zu einer Abnahme der Wettbewerbsfähigkeit führen, da andere Unternehmen, die langfristig orientiert sind, möglicherweise innovative Produkte und Dienstleistungen entwickeln und einen nachhaltigen Erfolg erzielen.
Im Kontext von Scrum
Scrum ist ein agiles Framework für die Softwareentwicklung, das auf Zusammenarbeit, Flexibilität und kontinuierliche Verbesserung ausgerichtet ist. Ein Entlohnungssystem, das nicht gut auf die Prinzipien von Scrum abgestimmt ist, könnte einige Herausforderungen und potenzielle negative Auswirkungen haben.
Mangelnde Teamkohäsion
Scrum betont die Zusammenarbeit innerhalb des Teams, da die Teammitglieder gemeinsam für das Erreichen der Sprintziele verantwortlich sind. Ein variables Entlohnungssystem, das individuelle Ziele fördert, könnte dazu führen, dass Teammitglieder ihre eigenen Ziele verfolgen und weniger bereit sind, sich gegenseitig zu unterstützen. Dies könnte die Teamkohäsion beeinträchtigen und die Produktivität des gesamten Scrum Teams negativ beeinflussen.
Einschränkung der Selbstorganisation
Scrum Teams sind für die Planung und Umsetzung ihrer Aufgaben selbstorganisiert. Wenn jedoch jedes Teammitglied durch individuelle Ziele motiviert ist, könnten Entscheidungen eher von persönlichen Belohnungen als von den Bedürfnissen des Teams geleitet werden. Dies könnte die Fähigkeit des Teams, flexibel auf Änderungen zu reagieren und die besten Lösungen zu finden, beeinträchtigen.
Fehlende Fokussierung auf Kundenzufriedenheit
Eines der zentralen Ziele von Scrum ist es, wertvolle Produkte für Kunden zu liefern. Wenn jedoch die Entlohnung primär an individuelle Ziele gebunden ist, könnten Teammitglieder den Fokus von der Kundenzufriedenheit ablenken und stattdessen darauf abzielen, ihre persönlichen Ziele zu erreichen, auch wenn dies nicht unbedingt dem Kundenwert dient.
Geringere Experimentierfreude
Scrum ermutigt Teams dazu, kontinuierlich zu lernen und zu experimentieren, um bessere Lösungen zu finden. Ein Entlohnungssystem, das an individuelle Ziele geknüpft ist, könnte die Bereitschaft der Teammitglieder, neue Ideen auszuprobieren und möglicherweise Risiken einzugehen, verringern. Dies könnte die Innovationskraft des Scrum Teams einschränken und die Fähigkeit des Teams, effektiv zu lernen und sich zu verbessern, beeinträchtigen.
Konflikte und Wettbewerb im Team
Ein variables Entlohnungssystem kann zu einem Wettbewerb zwischen den Teammitgliedern führen, da sie alle um ihre individuellen Belohnungen konkurrieren. Dies könnte zu Konflikten und einer weniger kooperativen Teamumgebung führen, was die Effektivität des Scrum Teams beeinträchtigen kann.
Insgesamt könnte ein variables Entlohnungssystem, das nicht auf die Prinzipien von Scrum abgestimmt ist, die Kultur und Dynamik im Team negativ beeinflussen und die Effektivität des Scrum Frameworks einschränken. Scrum basiert auf der Idee, dass Teams zusammenarbeiten und gemeinsam Verantwortung tragen, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.
Fazit:
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass variable Entlohnungssysteme, die an individuelle Ziele gekoppelt sind, langfristig nicht förderlich für ein Unternehmen sind. Die Fokussierung auf individuelle Ziele und extrinsische Motivatoren kann zu verschiedenen Problemen führen, darunter lokale Optimierung, suboptimale Entscheidungsfindung, Beeinträchtigung der intrinsischen Motivation, Kreativitäts- und Innovationsmangel sowie ein übermäßiger Fokus auf kurzfristigen Erfolg.
Take-Away 1: Unternehmen sollten die Auswirkungen von variablen Entlohnungssystemen auf die Teamkultur und die Zusammenarbeit berücksichtigen. Es ist wichtig, auf lokale Optimierung und Silo-Mentalitäten zu achten, um die Kooperation zwischen Abteilungen und Teammitgliedern zu fördern.
Take-Away 2: Extrinsische Motivatoren sollten nicht überbewertet werden, da sie die intrinsische Motivation der Mitarbeiter untergraben können. Unternehmen sollten darauf achten, dass Mitarbeiter aus intrinsischer Motivation, wie Interesse und Freude an der Arbeit, angetrieben werden, um langfristige Leistung und Engagement zu fördern.
Take-Away 3: In einer agilen Umgebung wie Scrum sollten Entlohnungssysteme darauf ausgerichtet sein, die Selbstorganisation, Zusammenarbeit und Fokussierung auf Kundenzufriedenheit zu unterstützen. Die Förderung von Teamkohäsion und die Wertschätzung von Innovation und Experimentierfreude können zur nachhaltigen Entwicklung von Scrum Teams beitragen.
Indem Unternehmen diese Aspekte berücksichtigen und alternative Ansätze zur Leistungssteigerung und Mitarbeitermotivation einsetzen, können sie langfristig eine gesunde Unternehmenskultur und eine nachhaltige Unternehmensentwicklung fördern.